Aufruf zur Inneministerkonferenz in Hamburg

Aufruf zur Inneministerkonferenz am 18. & 19.11. in Hamburg.
Zur Mobilisierung gegen die IMK findet eine Veranstaltungsreihe von Juni bis November statt.


Kommt alle nach Hamburg! Anlaufpunkt/Infopoint ab 27.05.: Centro Sociale, Sternstr. 2, HH

Die Innenministerkonferenz (IMK) ist eine seit 1954 regelmäßig stattfindende Konferenz der Innenminister bzw. -senatoren der Bundesländer unter Beteiligung verschiedener Sicherheits-, Verfassungsschutz- und Polizeiorgane. Sie findet zweimal im Jahr statt und wechselt jährlich den Ort. Dieses Jahr liegt der Vorsitz bei Innensenator Christoph Ahlhaus in Hamburg, wo zunächst am Donnerstag und Freitag, 27. & 28. Mai 2010 die reguläre Frühjahrskonferenz stattfinden soll.

Auf der Tagesordnung stehen immer Themen rund um den Begriff „Innere Sicherheit“: Verfassungsschutz- und Polizeiangelegenheiten, „Ausländerrecht“, „Bekämpfung des Terrorismus“. Die IMK formuliert für bundesdeutsche Politik ausschlaggebende Gesetzesinitiativen: Es geht um die Ausweitung und Verschärfung des Überwachungs- und Kontrollapparates, um die Erhaltung, Festigung und Verteidigung bestehender kapitalistischer Wirtschaftsordnung und Machtverhältnisse dieses Staates - nach Innen und nach Außen.
Der organisierte Widerstand gegen die IMK wurde bis heute fast ausschließlich als traditioneller Kampf der
Anti-Ra-Bewegung geführt. Dieses Jahr ist es anders: Der No-IMK-Vorbereitungskreis besteht aus einem breit gefächertem Spektrum linker Bewegungen! Im Mai und vor allem im November werden wir gemeinsam die Innenministerkonferenz delegitimieren, stören, unsicher machen!

Was genau die Teilnehmer der Konferenz alles thematisieren und/oder beschließen, ist nicht bekannt, vieles wird als „Verschlusssache“ der Öffentlichkeit vorenthalten. Zwar werden auf Forderung des Vorsitzenden Innensenators Ahlhaus dieses Jahr die offiziellen Konferenz-Schwerpunkte auf Gewalt gegen Cops und Einsatzkräfte, Gewalt beim Fußball und Internetkriminalität gelegt, aber auch über andere Themen wird sicherlich gesprochen werden.

Welche konkreten Auswirkungen vergangene IMKs und dort gefasste Beschlüsse hatten, lässt sich an wenigen Beispielen verdeutlichen:

Ein Thema von zentraler Bedeutung der vergangenen IMKs waren viele der rassistischen Sondergesetze, welche Migration durch Asyl-Gesetze, Abschiebungen und Aufenthaltsrecht „regulieren“ sollen. Als beispielhaft für die „marktorientierte Steuerung“ von Migration sehen wir die sog. „Altfallregelung“ (Beschluss der IMK 2006). Was hier als Bleiberecht, also als zumindest vorübergehende Befreiung hunterttausender jahrelang geduldeter Menschen vom Damoklesschwert der Abschiebung angekündigt war, zeigte sich in der Realität nur als ein weiteres Instrument deutscher Behörden, um Menschen nach der Möglichkeit ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu sortieren. Diejenigen, die der deutschen Wirtschaft nützen, sollen arbeiten, die Anderen sollen besser heute als morgen abgeschoben werden.
In Zeiten von sinkenden Einkommen, Massenarbeitslosigkeit und der gezielten Demontage sozialer Sicherungssysteme wird Migration vor allem als ein wirtschaftliches Problem und Auslöser sozialer Konflikte wahrgenommen, vor dem die bestehende Gesellschaftsordnung mit ihren ökonomischen Realitäten und Ausbeutungsstrukturen geschützt werden muss. Für staatliche Akteure scheint dies nur auf eine Weise zu gewährleisten zu sein: dem Ausbau staatlicher Macht.
Unkontrollierte Migration wird als Störung für den reibungslosen Ablauf des kapitalistischen Systems, und somit als Gefahr für die "Innere Sicherheit" gesehen. Der Begriff "Sicherheit" meint jedoch nicht das Wohlergehen aller Menschen, sondern die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und staatlicher Hegemonie.

Dazu werden Überwachungsmaßnahmen verschärft sowie Befugnisse und Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten ausgeweitet. Zu den Themen der IMKs gehörten in der Vergangenheit beispielsweise die verstärkte Videoüberwachung von Bahnhöfen, Plätzen, Stadien, die massive Ausweitung von Telekommunikations-Überwachung durch Polizeibehörden und Geheimdienste, die Vorratsdatenspeicherung, der Aufbau neuer (z. B. ELENA) und die Vernetzung bestehender Datenbanken (z. B. Anti-Terror-Datei), die Einführung eines biometrischen Ausweises, die Offenlegung und Kontrolle der Finanzen und somit Aufhebung des Bankgeheimnisses für Menschen, die Sozialleistungen beziehen müssen, undundund – die Liste ist lang...

Gleichzeitig nimmt Repression gegen immer mehr Menschen zu. Überall begegnet uns eine Verschärfung des Versammlungsrechts mit immer mehr willkürlichen Demoauflagen und -verbote. Auch das partielle Streikverbot wurde durchgesetzt, ebenso Anfänge von Schnellgerichtsbarkeit. Im Bereich des Fußball gibt es vermehrt Einschränkungen von Fan-Rechten, z.B. Stadionverbote. Nicht ins glänzende Konsum-Innenstadt-Image passende Menschen /Gruppen werden durch Orts-Verbote von öffentlichen Plätzen vertrieben und ausgeschlossen, öffentlicher Raum wird also privatisiert. Und die Ausländerbehörde hilft zunehmend gegen „Schwarzarbeiter_innen“ vorzugehen - eine besonders krasse Form rassistischer Sonderbehandlung.

Parallel wird auch die Militarisierung der Gesellschaft vorangetrieben: Unter dem Stichwort „zivil-militärische Zusammenarbeit“ (ZMZ) werden zivile Einrichtungen zunehmend militarisiert. Der ausgeweitete Aufbau des „Katastrophenschutzes“ geht einher mit dem vermehrten Einsatz der Bundeswehr im Innern, der Privatisierung von Teilbereichen der Bundeswehr und dem Kampf um mehr gesellschaftliche Akzeptanz für deutsche Kriegseinsätze. 2010 soll der Aufbau von bundesweit über 400 so genannten „Verbindungskommandos“ abgeschlossen sein, welcher schon 2005 von der IMK beschlossen wurde. Die Verbindungskommandos der Bundeswehr sollen im „Krisenfall“, also auch bei Aufständen oder Streiks u.a. den Schutz/ die Verteidigung der sensiblen, so genannten „kritischen Infrastruktur“ des Staates garantieren. Darunter fallen unter anderem Regierungsgebäude, Banken, Telekommunikationsanlagen, (Atom-)Kraftwerke und Verkehrswege - bisher war dies ausschließlich Aufgabe der Polizei. Der Staat installiert hier flächendeckend eine unscheinbare militärische Struktur, um Widerstand seiner Bürger_innen im Falle eines Falles schnellst möglich zu zerschlagen.

Rassistische Sondergesetze, verstärkte Überwachung und Repression, aber auch die zunehmende Militarisierung sind nicht gesondert zu betrachten, sondern stehen untereinander im Zusammenhang: Sie sind die sichtbarsten Teile einer gesamtgesellschaftlichen autoritären Formierung. Diese hat einerseits ihren Ausgangspunkt in der massiven Zuspitzung sozialer und ökonomischer Konflikte der letzten Jahrzehnte, zielt andererseits aber auch auf die weitere Fortführung neoliberaler Politik und deren Absicherung. Die Aufrüstung des Sicherheitsstaats ist nur ein Teil dieser Entwicklung. Diese zu legitimieren und Alternativen undenkbar zu machen, ist die Aufgabe eines auf immer mehr Themen ausgedehnten Sicherheitsdiskurses, dessen zentrale These die strukturelle Unlösbarkeit kapitalistischer Widersprüche und daraus resultierender Konflikte ist. Stattdessen wird deren Unterdrückung mittels immer härterer Repression propagiert. Kennzeichnend ist insbesondere die angestrebte Verlagerung staatlicher Eingriffe weit in das Vorfeld potentiell auftretender Konflikte, also eine möglichst allumfassende Prävention. Dazu gehört auch der Versuch, die Menschen als Objekte, d.h. von Repression und Überwachung Betroffene, in das System und die präventive Logik des Sicherheitsstaats einzugliedern, dass sie diese Ideologie verinnerlichen und sie letztendlich zu vereinnahmten Subjekten, einem mitwirkenden Teil dessen werden zu lassen.

Das offizielle Programm der IMK steht erst wenige Tage vor jeder Konferenz der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Rahmenprogramm ist jedoch aus den letzten Jahren bekannt: Mittwochabend (26.5.) finden inoffizielle „Kamingespräche“ statt. Die Tagung beginnt Donnerstagmorgen (27.5.), Pressetermin wird voraussichtlich Freitagmittag (28.5.) sein.

Der Vorbereitungskreis, der sich zusammengefunden hat, um zu Protesten gegen die IMK zu mobilisieren, umfasst Gruppen und Einzelpersonen aus den verschiedensten politischen Spektren. Auch dies macht deutlich, dass die Maßnahmen, die auf der IMK besprochen werden, Spektren übergreifende Repression bedeuten, uns alle angehen und deswegen auch gemeinsam bekämpft werden müssen! Lasst uns zusammen gegen die Innenministerkonferenz aktiv werden! Ob im Mai oder November, oder auch in jedem anderen Monat, beteiligt euch an verschiedenen Aktionen. Lasst uns deutlich machen:
Wir wollen ein Leben frei von Kontrollen und Überwachung, keinen Krieg und kein Militär, keine Repression, keinen Rassismus, keine Festung Europa und keinen Kapitalismus!


Kommt alle nach Hamburg! Sie bereiten am 27. & 28. Mai die IMK für Novembe vor – wir unseren Widerstand!
Die IMK findet jährlich zwei Mal statt. Die Mai-Konferenz dient u.a. der Vorbereitung der Hauptkonferenz im November. Wir fordern alle auf, im Mai nach Hamburg zu kommen, um uns zu vernetzen, um breiten Widerstand gegen die Innenministerkonferenz im November zu organisieren und erste Aktionen zu starten!
Erster Anlaufpunkt/Infopoint ab 27.05.: Centro Sociale, Sternstr. 2, HH


Hamburg unsicher machen! - Innenministerkonferenz ins Wasser fallen lassen!

Kontakt: no-imk@nadir.org